Die Architekturklassen der Salzburger ....Sommerakademie und deren Einfluss auf den Architekturdiskurs in der Stadt Salzburg..DIE ARCHITEKTURKLASSEN DER SALZBURGER SOMMERAKADEMIE UND DEREN EINFLUSS AUF DEN ARCHITEKTURDISKURS IN DER STADT SALZBURG....

dietmar bach

 

Thesis supervisor

Univ.Prof. Dr.phil. Vera Bühlmann

 

....abstract

Wie viele mitteleuropäische Städte, so sah sich auch Salzburg nach dem Wiederaufbau in den 40er und 50er Jahren, ab den 1960er Jahren, aufgrund der Bevölkerungsentwicklung und dem zunehmenden Individualverkehr, neuen städtebaulichen Aufgaben gegenüber. Die spezielle Topographie der Stadt, die zwischen den drei Stadtbergen und der Salzach eingebettet liegt, sowie die teilweise Enge der historischen, barocken Altstadt, erfordern komplexe Maßnahmen zur Lösung der städtebaulichen Problemstellungen.

Wie ist es eigentlich möglich, dass eine Sommerakademie, eine „Schule des Sehens“, Einfluss auf den städtebaulichen Diskurs einer Stadt nimmt? Wie und durch wen geschieht der Transfer der (städtebaulichen) Themen von der Avantgarde zur Realpolitik? Dies soll nun Anhand des Beispiels der Architekturklassen der Salzburger Sommerakademie geklärt werden.

Von ihrem Beginn an waren die Architekturklassen der Salzburger Sommerakademie in den Lösungsprozessen der städtebaulichen Probleme der Stadt Salzburg involviert. Ein wichtiger Punkt dabei war auch die Internationalität, die durch den Abstand zum Alltagsgeschehen der Stadt immer auch einen unvoreingenommenen Blick von außen auf die Probleme ermöglichte.

„Zwei Grundsätze sind es, denen die Sommerakademie bis heute treu geblieben ist: die Internationalität der Lehrenden und der Kursteilnehmenden sowie das gemeinsame Studium von professionellen KünstlerInnen, Kunststudierenden und Kunstinteressierten.“ [1]

Die Klassen waren immer Avantgarde im Sinne von Erneurer, Vorkämpfer und Wegbereiter, sie waren aber auch an umsetzbaren Lösungen konkreter Planungsaufgaben interessiert. Die Architekturklassen waren dabei immer ein Teil eines internationalen „Feld der Bildenden Kunst“[2], das durch und mit den während der Sommerakademie entstandenen Werken Fragen aufwirft, aber auch auf Politik und Gesellschaft reagiert.

Die Architekturklassen und die durch sie behandelten Themen fanden und finden nicht im luftleeren Raum statt sondern waren immer mit der Stadt Salzburg und der Gesellschaft verbunden. Dies fordert bereits Jakob Berend Bakema in einem Schreiben von 1968 an Direktor Hermann Stuppäck:

„Wir müssen uns davor hüten aus der Resignation unserer scheinbaren Ohnmacht der Komplexität der Einflussfaktoren auf die gebaute Umwelt gegenüber in eine spezialistische Klausur zu flüchten um uns auf die Verfeinerung unseres Formen- oder Konstruktions- Repertoire zu beschränken.“ [3]

Die Architekturklassen haben meist zeitrelevante Themen behandelt und nach Lösungen für diese Problemstellungen gesucht. So bringen die Professoren und Studenten der Architekturklassen zahlreiche städtebaulichen Themen von Salzburg an die Öffentlichkeit. Wie soll mit der Salzburger Altstadt (Fußgängerzone), den Grünräume der Stadt und mit den veralteten oder fehlenden Universitäts- und Kulturbauten umgegangen werden? Besonders Jakob Berend Bakema und Pierre Vago haben in den 1960 und 70er Jahren mit ihren Klassen immer wieder Themen behandelt, die später großen Einfluss auf den Architekturdiskurs und auf die städtebauliche Entwicklung der Stadt Salzburg hatten.

So wie sich über die Jahrzehnte die Anforderungen und Aufgaben an den Städtebau verändert haben, haben sich auch die Themen der Sommerakademie und die Lehrmethoden der einzelnen Architekturklassen verändert und weiterentwickelt. Ein fixer, über die Jahre unveränderter Bestandteil der Klassen war jedoch immer der Dialog mit der Öffentlichkeit. So gab es jedes Jahr Tage der offenen Tür und Ausstellungen sowie zahlreiche Publikationen. Neben Fachvorträgen, die im Rahmen der Sommerakademie immer auch für die Öffentlichkeit zugänglich waren, wurden zu relevanten Themen, in Zusammenarbeit mit dem ORF und den Salzburger Nachrichten, Symposien abgehalten, um die Themen der zeitgenössischen Architektur einem breiten Publikum näher zu bringen. Explizit für diesen „Dialog mit der Öffentlichkeit“ soll je ein Beispiel aus den 1960er, 1970er und 2000er Jahren angeführt werden, das Einfluss auf den öffentlichen Diskurs und schließlich auf die Stadtentwicklung hatte.

Nach den Jahren des Wiederaufbaus wird immer wieder die Frage heftig diskutiert, wie sich die Salzburger Altstadt weiter entwickeln soll. 1967 kommt es auf Initiative der Sommerakademie schließlich zu einem Altstadtkolloquium, bei dem erstmals alle „Konfliktparteien“ an einem Tisch sitzen. Eine Fußgängerzone für die Stadt Salzburg wird unter dem Titel „Salzburg Fußgängig machen“ thematisier. Unter Teilnahme der zuständigen Behörden, des Bundesdenkmalamtes und der Öffentlichkeit wird die Belebung vs. der Musealisierung der Altstadt diskutiert.

„Was an den Vorschlägen der jungen Architekten auffiel, war, daß ihre Untersuchungen nicht wie die meisten Salzburger Projekte vom Denkmal-Charakter der Stadt ausgingen, sondern von den dynamischen und funktionellen Bezügen des Menschen zu seiner Umgebung.“[4]

Dieses Kolloquium hat damit sicherlich einen Beitrag zur Umgestaltung der Getreidegasse, die im Jahr 1975 in eine Fußgängerzone umgestaltet wurde, sowie zur Einführung der Sachverständigenkommission für die Salzburger Altstadt, im Jahr 1980, geleistet.

Ein wichtiger, identitätsstiftender und wahrscheinlich weltweit einmaliger Teil der Stadt Salzburg ist die außergewöhnliche Topographie und die umgebende Landschaft. Dieses Landschaftsbild sollte jedoch auf Betreiben der Politik in den 1970er Jahren tiefgreifend und unwiderruflich verändert werden. Als zu Beginn der 1970er Jahre die Stadt Salzburg, unter weitgehenden Ausschluss der Öffentlichkeit eine Verbauung der Grünräume im Süden der Stadt, mit über 40.000 Wohnungen, andenkt und einen Architektenwettbewerb auslobt, reagiert die Architekturklasse umgehend darauf.

„An erster Stelle unter den Hauptforderungen gehört der Auftrag an die Planer, das unter allen Umständen zu bewahren, was neben der Altstadt die Einzigartigkeit Salzburgs überhaupt erst ausmacht: seine unvergleichliche Landschaft“[5]  schrieb auch Hans Sedlmayr 1970 in seinem Buch „Stadt ohne Landschaft“

1971 richten Rudolf Gutbrod, Frei Otto und Pierre Vago gemeinsam mit den Studierenden eine Petition zur Erhaltung der Grünräume entlang der Hellbrunnerallee an die Stadt Salzburg. Diese Petition hatte weitreiche Folgen und wird auch umgehend von der ÖVP Gemeinderat Fraktion aufgegriffen, wie der Bürgermeister Stellvertreter Dr. Franz Kläring in seinem Schreiben vom 30 .August 1971 an Hermann Stuppäck darlegt:

„Sie hatten die Freundlichkeit, mir die von ernsten Besorgnis getragene Petition…zu übersenden,…die Stadtverwaltung dringend davor warnen, die äußerst wervolle Landschaft beiderseits der Hellbrunner-Allee durch eine dichte Wohnverbauung zu zerstören.“ und weiter „…bildet die dauernde Erhaltung der Landschaft beiderseits der Hellbrunnerallee für die ÖVP-Fraktion ein besonderes Anliegen. Sie brachte dieses auch in konkreten schriftlichen Anträgen zum Ausdruck…“ [6]

Durch die Petition der Sommerakademie wird das Vorhaben der Politik erst öffentlich gemacht und in der Öffentlichkeit diskutiert. Die Petition ist die Initialzündung zur Gründung diverser Bürgerinitiativen und führt schließlich 1985 zur Salzburger Grünland Deklaration.

Waren in den 1960er und 70er Jahren noch das Stadtzentrum zentrales Thema der städtebaulichen Entwicklung von Salzburg, so verlagern sich die Probleme zunehmend an den Stadtrand. Ein überaltertes räumliches Entwicklungskonzept und ein unzeitgemäßes Raumordnungsgesetz führen zunehmend zu Problemen an den Rändern der Stadt. Der Ballungsraum Salzburg Ufert in Richtung Süden bis Hallein und in Richtung Norden bis Lamprechtshausen zunehmend aus. Auch hier ist die Architekturklasse der Sommerakademien wieder eine der treibenden Kräfte die dieses Problem in den Fokus der Öffentlichkeit richten. Der Direktor des Urban Design Lab und Professor an der Columbia University, Richard Plunz, stößt 2001 im Rahmen der Sommerakademie gemeinsam mit dem Salzburger Architekturpublizisten Norbert Mayer eine Diskussion über die problematischen Randzonen der Stadt Salzburg an. Wieder einmal kommt auf Initiative der Sommerakademie zu einem richtungsweisenden Symposium über die Zukunft der Stadtentwicklung. Diesmal ist die Peripherie – „An den ausfransenden Rändern der Stadt“ Thema und es entsteht daraus die Publikation von Norbert Mayer- „After Shopping“. Situation für Salzburg – Strategien für den Speckgürtel, Salzburg 2003. Darauf folgen langjährige Diskussionen, bis schließlich am 17. Dezember 2008 im Salzburger Landtag das noch immer sehr kompromisshafte Raumordnungsgesetz 2009 beschlossen wird.[7]

Die Architekturklassen der Sommerakademie, mit ihrem interdisziplinären Ansatz und unterschiedlichen Konzepten, waren oft Vorreiter in Maßnahmen zum Wissenstransfer. Viele der städtebaulichen Themen wurden auf Betreiben der Architekturklassen erstmals in der Öffentlichkeit diskutiert und später von der Lokalpolitik aufgegriffen. Ziel der Arbeit ist es nun zu untersuchen wie es genau zum Transfer der Themen der Sommerakademie in den Architekturdiskurs der Stadt Salzburg gekommen ist. Welche Rolle haben dabei die Professoren und Studenten der Sommerakademie gespielt? Wie wurde zum Beispiel das Thema „Fußgängerzone“ in den 60er Jahren durch die Avantgarde der Sommerakademie interpretiert und wie die Idee in die Realpolitik transferiert? Welche Protagonisten waren daran beteiligt? Welche Netzwerke haben sich aus den Architekturklassen gebildet und welchen Einfluss hatten und haben diese auf das Architekturgeschehen in der Stadt?

 

[1]Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. Leitbild. http://www.summeracademy.at/Leitbild_292.html

Zugriff 02.07.2016

[2] Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. Kursprogramm 2016

http://www.summeracademy.at/KURSE-2016_194.html. Zugriff 02.07.2016

[3] Bakema, Jakob Berend. Brief an Dir. Hermann Stuppäck. Archiv Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. 1968

[4] Stegen, Ina. Das schönste Atelier der Welt 25 Jahre Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst, Salzburg.

Salzburg: Verlag Alfred Winter. 1978. S66

[5] Sedlmayr, Hans. „Stadt ohne Landschaft“. Salzburg: Otto Müller Verlag. 1986

[6] Klering, Frank. Brief der ÖVP Gemeinderatfraktion an Präsident Hermann Stuppäck. Archiv Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. 30. August 1971

[7] Zu einer neuerlichen, zeitgemäßen Reformierung wird es alle Voraussicht nach jedoch erst 2017 kommen. „"Im Herbst kommt die vier- bis sechswöchige Begutachtung. Theoretisch wäre noch im Dezember ein Beschluss im Landtag machbar. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es erst im Frühjahr 2017 dazu kommt", sagt Rössler. Denn Qualität gehe vor Eile.“

Salzburger Nachrichten. Koalition ist bei Raumordnungsgesetz fast einig. SN 22.05.2016 – 15:32 http://www.salzburg.com/nachrichten/salzburg/politik/sn/artikel/koalition-ist-bei-neuem-raumordnungsgesetz-fast-einig-197366/.

Zugriff 06.07.2016

 

..ABSTRACT

 

Wie viele mitteleuropäische Städte, so sah sich auch Salzburg nach dem Wiederaufbau in den 40er und 50er Jahren, ab den 1960er Jahren, aufgrund der Bevölkerungsentwicklung und dem zunehmenden Individualverkehr, neuen städtebaulichen Aufgaben gegenüber. Die spezielle Topographie der Stadt, die zwischen den drei Stadtbergen und der Salzach eingebettet liegt, sowie die teilweise Enge der historischen, barocken Altstadt, erfordern komplexe Maßnahmen zur Lösung der städtebaulichen Problemstellungen.

Wie ist es eigentlich möglich, dass eine Sommerakademie, eine „Schule des Sehens“, Einfluss auf den städtebaulichen Diskurs einer Stadt nimmt? Wie und durch wen geschieht der Transfer der (städtebaulichen) Themen von der Avantgarde zur Realpolitik? Dies soll nun Anhand des Beispiels der Architekturklassen der Salzburger Sommerakademie geklärt werden.

Von ihrem Beginn an waren die Architekturklassen der Salzburger Sommerakademie in den Lösungsprozessen der städtebaulichen Probleme der Stadt Salzburg involviert. Ein wichtiger Punkt dabei war auch die Internationalität, die durch den Abstand zum Alltagsgeschehen der Stadt immer auch einen unvoreingenommenen Blick von außen auf die Probleme ermöglichte.

„Zwei Grundsätze sind es, denen die Sommerakademie bis heute treu geblieben ist: die Internationalität der Lehrenden und der Kursteilnehmenden sowie das gemeinsame Studium von professionellen KünstlerInnen, Kunststudierenden und Kunstinteressierten.“ [1]

Die Klassen waren immer Avantgarde im Sinne von Erneurer, Vorkämpfer und Wegbereiter, sie waren aber auch an umsetzbaren Lösungen konkreter Planungsaufgaben interessiert. Die Architekturklassen waren dabei immer ein Teil eines internationalen „Feld der Bildenden Kunst“[2], das durch und mit den während der Sommerakademie entstandenen Werken Fragen aufwirft, aber auch auf Politik und Gesellschaft reagiert.

Die Architekturklassen und die durch sie behandelten Themen fanden und finden nicht im luftleeren Raum statt sondern waren immer mit der Stadt Salzburg und der Gesellschaft verbunden. Dies fordert bereits Jakob Berend Bakema in einem Schreiben von 1968 an Direktor Hermann Stuppäck:

„Wir müssen uns davor hüten aus der Resignation unserer scheinbaren Ohnmacht der Komplexität der Einflussfaktoren auf die gebaute Umwelt gegenüber in eine spezialistische Klausur zu flüchten um uns auf die Verfeinerung unseres Formen- oder Konstruktions- Repertoire zu beschränken.“ [3]

Die Architekturklassen haben meist zeitrelevante Themen behandelt und nach Lösungen für diese Problemstellungen gesucht. So bringen die Professoren und Studenten der Architekturklassen zahlreiche städtebaulichen Themen von Salzburg an die Öffentlichkeit. Wie soll mit der Salzburger Altstadt (Fußgängerzone), den Grünräume der Stadt und mit den veralteten oder fehlenden Universitäts- und Kulturbauten umgegangen werden? Besonders Jakob Berend Bakema und Pierre Vago haben in den 1960 und 70er Jahren mit ihren Klassen immer wieder Themen behandelt, die später großen Einfluss auf den Architekturdiskurs und auf die städtebauliche Entwicklung der Stadt Salzburg hatten.

So wie sich über die Jahrzehnte die Anforderungen und Aufgaben an den Städtebau verändert haben, haben sich auch die Themen der Sommerakademie und die Lehrmethoden der einzelnen Architekturklassen verändert und weiterentwickelt. Ein fixer, über die Jahre unveränderter Bestandteil der Klassen war jedoch immer der Dialog mit der Öffentlichkeit. So gab es jedes Jahr Tage der offenen Tür und Ausstellungen sowie zahlreiche Publikationen. Neben Fachvorträgen, die im Rahmen der Sommerakademie immer auch für die Öffentlichkeit zugänglich waren, wurden zu relevanten Themen, in Zusammenarbeit mit dem ORF und den Salzburger Nachrichten, Symposien abgehalten, um die Themen der zeitgenössischen Architektur einem breiten Publikum näher zu bringen. Explizit für diesen „Dialog mit der Öffentlichkeit“ soll je ein Beispiel aus den 1960er, 1970er und 2000er Jahren angeführt werden, das Einfluss auf den öffentlichen Diskurs und schließlich auf die Stadtentwicklung hatte.

Nach den Jahren des Wiederaufbaus wird immer wieder die Frage heftig diskutiert, wie sich die Salzburger Altstadt weiter entwickeln soll. 1967 kommt es auf Initiative der Sommerakademie schließlich zu einem Altstadtkolloquium, bei dem erstmals alle „Konfliktparteien“ an einem Tisch sitzen. Eine Fußgängerzone für die Stadt Salzburg wird unter dem Titel „Salzburg Fußgängig machen“ thematisier. Unter Teilnahme der zuständigen Behörden, des Bundesdenkmalamtes und der Öffentlichkeit wird die Belebung vs. der Musealisierung der Altstadt diskutiert.

„Was an den Vorschlägen der jungen Architekten auffiel, war, daß ihre Untersuchungen nicht wie die meisten Salzburger Projekte vom Denkmal-Charakter der Stadt ausgingen, sondern von den dynamischen und funktionellen Bezügen des Menschen zu seiner Umgebung.“[4]

Dieses Kolloquium hat damit sicherlich einen Beitrag zur Umgestaltung der Getreidegasse, die im Jahr 1975 in eine Fußgängerzone umgestaltet wurde, sowie zur Einführung der Sachverständigenkommission für die Salzburger Altstadt, im Jahr 1980, geleistet.

Ein wichtiger, identitätsstiftender und wahrscheinlich weltweit einmaliger Teil der Stadt Salzburg ist die außergewöhnliche Topographie und die umgebende Landschaft. Dieses Landschaftsbild sollte jedoch auf Betreiben der Politik in den 1970er Jahren tiefgreifend und unwiderruflich verändert werden. Als zu Beginn der 1970er Jahre die Stadt Salzburg, unter weitgehenden Ausschluss der Öffentlichkeit eine Verbauung der Grünräume im Süden der Stadt, mit über 40.000 Wohnungen, andenkt und einen Architektenwettbewerb auslobt, reagiert die Architekturklasse umgehend darauf.

„An erster Stelle unter den Hauptforderungen gehört der Auftrag an die Planer, das unter allen Umständen zu bewahren, was neben der Altstadt die Einzigartigkeit Salzburgs überhaupt erst ausmacht: seine unvergleichliche Landschaft“[5]  schrieb auch Hans Sedlmayr 1970 in seinem Buch „Stadt ohne Landschaft“

1971 richten Rudolf Gutbrod, Frei Otto und Pierre Vago gemeinsam mit den Studierenden eine Petition zur Erhaltung der Grünräume entlang der Hellbrunnerallee an die Stadt Salzburg. Diese Petition hatte weitreiche Folgen und wird auch umgehend von der ÖVP Gemeinderat Fraktion aufgegriffen, wie der Bürgermeister Stellvertreter Dr. Franz Kläring in seinem Schreiben vom 30 .August 1971 an Hermann Stuppäck darlegt:

„Sie hatten die Freundlichkeit, mir die von ernsten Besorgnis getragene Petition…zu übersenden,…die Stadtverwaltung dringend davor warnen, die äußerst wervolle Landschaft beiderseits der Hellbrunner-Allee durch eine dichte Wohnverbauung zu zerstören.“ und weiter „…bildet die dauernde Erhaltung der Landschaft beiderseits der Hellbrunnerallee für die ÖVP-Fraktion ein besonderes Anliegen. Sie brachte dieses auch in konkreten schriftlichen Anträgen zum Ausdruck…“ [6]

Durch die Petition der Sommerakademie wird das Vorhaben der Politik erst öffentlich gemacht und in der Öffentlichkeit diskutiert. Die Petition ist die Initialzündung zur Gründung diverser Bürgerinitiativen und führt schließlich 1985 zur Salzburger Grünland Deklaration.

Waren in den 1960er und 70er Jahren noch das Stadtzentrum zentrales Thema der städtebaulichen Entwicklung von Salzburg, so verlagern sich die Probleme zunehmend an den Stadtrand. Ein überaltertes räumliches Entwicklungskonzept und ein unzeitgemäßes Raumordnungsgesetz führen zunehmend zu Problemen an den Rändern der Stadt. Der Ballungsraum Salzburg Ufert in Richtung Süden bis Hallein und in Richtung Norden bis Lamprechtshausen zunehmend aus. Auch hier ist die Architekturklasse der Sommerakademien wieder eine der treibenden Kräfte die dieses Problem in den Fokus der Öffentlichkeit richten. Der Direktor des Urban Design Lab und Professor an der Columbia University, Richard Plunz, stößt 2001 im Rahmen der Sommerakademie gemeinsam mit dem Salzburger Architekturpublizisten Norbert Mayer eine Diskussion über die problematischen Randzonen der Stadt Salzburg an. Wieder einmal kommt auf Initiative der Sommerakademie zu einem richtungsweisenden Symposium über die Zukunft der Stadtentwicklung. Diesmal ist die Peripherie – „An den ausfransenden Rändern der Stadt“ Thema und es entsteht daraus die Publikation von Norbert Mayer- „After Shopping“. Situation für Salzburg – Strategien für den Speckgürtel, Salzburg 2003. Darauf folgen langjährige Diskussionen, bis schließlich am 17. Dezember 2008 im Salzburger Landtag das noch immer sehr kompromisshafte Raumordnungsgesetz 2009 beschlossen wird.[7]

Die Architekturklassen der Sommerakademie, mit ihrem interdisziplinären Ansatz und unterschiedlichen Konzepten, waren oft Vorreiter in Maßnahmen zum Wissenstransfer. Viele der städtebaulichen Themen wurden auf Betreiben der Architekturklassen erstmals in der Öffentlichkeit diskutiert und später von der Lokalpolitik aufgegriffen. Ziel der Arbeit ist es nun zu untersuchen wie es genau zum Transfer der Themen der Sommerakademie in den Architekturdiskurs der Stadt Salzburg gekommen ist. Welche Rolle haben dabei die Professoren und Studenten der Sommerakademie gespielt? Wie wurde zum Beispiel das Thema „Fußgängerzone“ in den 60er Jahren durch die Avantgarde der Sommerakademie interpretiert und wie die Idee in die Realpolitik transferiert? Welche Protagonisten waren daran beteiligt? Welche Netzwerke haben sich aus den Architekturklassen gebildet und welchen Einfluss hatten und haben diese auf das Architekturgeschehen in der Stadt?

 

 

 

[1]Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. Leitbildhttp://www.summeracademy.at/Leitbild_292.html

Zugriff 02.07.2016

[2] Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. Kursprogramm 2016

http://www.summeracademy.at/KURSE-2016_194.html. Zugriff 02.07.2016

[3] Bakema, Jakob Berend. Brief an Dir. Hermann Stuppäck. Archiv Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. 1968

[4] Stegen, Ina. Das schönste Atelier der Welt 25 Jahre Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst, Salzburg.

Salzburg: Verlag Alfred Winter. 1978. S66

[5] Sedlmayr, Hans. „Stadt ohne Landschaft“. Salzburg: Otto Müller Verlag. 1986

[6] Klering, Frank. Brief der ÖVP Gemeinderatfraktion an Präsident Hermann Stuppäck. Archiv Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg. 30. August 1971

[7] Zu einer neuerlichen, zeitgemäßen Reformierung wird es alle Voraussicht nach jedoch erst 2017 kommen. „"Im Herbst kommt die vier- bis sechswöchige Begutachtung. Theoretisch wäre noch im Dezember ein Beschluss im Landtag machbar. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es erst im Frühjahr 2017 dazu kommt", sagt Rössler. Denn Qualität gehe vor Eile.“

Salzburger Nachrichten. Koalition ist bei Raumordnungsgesetz fast einig. SN 22.05.2016 – 15:32 http://www.salzburg.com/nachrichten/salzburg/politik/sn/artikel/koalition-ist-bei-neuem-raumordnungsgesetz-fast-einig-197366/.

Zugriff 06.07.2016 ....